Im Sommer starten wir eine neue Serie, die sich mit dem Thema Ernährung in der Antike auseinandersetzt. Im ersten Teil beschäftigen wir uns mit den Grundnahrungsmitteln und der Versorgung. Was aßen die Menschen? Woher kam dieses Essen?
Historische Einordnung
Einen allgemeinen Überblick über Ernährung und Essgewohnheiten im Römischen Reich zu geben ist schwer, umspannt die (west)römische Geschichte doch einen Zeitraum von über 1000 Jahren. Nicht alles was in der Frühgeschichte des Römischen Reiches galt, hatte in der Kaiserzeit noch Gültigkeit und die Ernährung zur Zeit der Republik unterschied sich erheblich von der in der Spätantike. Es lassen sich jedoch Gemeinsamkeiten herausarbeiten, den Fokus in unserer Serie legen wir aber auf Carnuntum und somit die Kaiserzeit und die Spätantike.
Als Faustregel ist es erwähnenswert, dass sich die Essensgewohnheiten armer und reicher Menschen mit Fortdauer des Römischen Reiches immer stärker unterschieden. Dennoch war die Ernährung des durchschnittlichen Einwohners im Römischen Reich nach heutigen Erkenntnissen gesund. Untersuchungen antiker Müllgruben und Exkremente antiker Latrinen zeigten, dass sich der durchschnittliche Römer aus biologischer Landwirtschaft ernährte, was logisch erscheint. Das Getreide wurde ausschließlich grob geschrotet und ist daher als „Vollkorn“ zu verstehen und ein großer Teil der Menschen lebte beinahe ausschließlich vegetarisch.
Versorgung der Bürger
Bei der Versorgung der Bürger mit Nahrungsmittel erwies sich somit beinahe durch die gesamte Römische Geschichte die Quantität weitaus problematischer als die Qualität. Während die Ernährung im Römischen Reich qualitätsmäßig wie erwähnt in den heutigen Zeitgeist passen würde („Bio“, „Vollkorn“, „vegan/vegetarisch“), war sie vom Überangebot und der Überproduktion heutiger Industrienationen weit entfernt. Wie auch heute noch in vielen Teilen der Erde, war es in der Römischen Antike keinesfalls sicher, dass die gesamte Bevölkerung jedes Jahr genug zu essen hatte.
Stattdessen kam es immer wieder zu Hungersnöten, was auch massiven Einfluss auf die Römische Innen- und Außenpolitik hatte. Im 2. Jahrhundert v. Chr. erkämpfte sich das einfache Volk Roms („plebs“) das Recht auf staatliche Getreiderationen (die sogenannten Frumentariergesetze). Rom benötigte aufgrund dieser Beschlüsse mehr Getreide als zuvor, um alle Bewohner versorgen zu können.
- Die Militärlaufbahn war oft die einzige Möglichkeit eines gesicherten Einkommens.
Auswirkungen auf Militär und Außenpolitik
Das führte zu einem Bedarf an Getreide, der allein durch die italienischen Anbaugebiete nicht gedeckt werden konnte. Die Apenninenhalbinsel besaß zwar guten und fruchtbaren Boden, dieser reichte aber aus mehreren Gründen nicht aus: Einerseits wurde die die Halbinsel im 3. bis 1. Jahrhundert v. Christus durch Kriege in Mitleidenschaft gezogen. Dies waren einerseits Fremdeinfälle (z.B. Hannibal) als auch diverse Bürgerkriege. Andererseits fiel es vielen Bauern in dieser Zeit schwer, sich durch ihre Erträge über Wasser zu halten, so dass viele der Armee beitraten, wo sie ein krisenfestes Einkommen erwarten konnten.
So verbrauchte ein durchschnittlicher körperlich arbeitender Römer mindestens 212 kg Weizen pro Jahr, um ausreichend ernährt über die Runden zu kommen. Ein einfacher Soldat im 2. Jahrhundert v. Chr. erhielt hingegen rund 26,4 kg Weizen pro Monat, was sich im Jahr auf rund 317 kg summierte, woran sich ablesen lässt, dass Rom seine Soldaten gut versorgte. Damit wurde das Heer für viele zur attraktiven Alternative. Dieser Bedarf führte dazu, dass den ersten Provinzen Roms außerhalb des Apennin somit große Bedeutung als Getreidelieferanten zukam: Sizilien, Hispanien und Ägypten (sehr früh durch Klientelverträge an Rom gebunden) waren in der Antike alle als Kornkammern bekannt. Um eine Vorstellung der Dimensionen zu geben: Ägypten lieferte zur Zeit Augustus' rund 150.000.000 Kilogramm Weizen (150.000 Tonnen) an Rom. Das hatte realpolitische Auswirkungen, konnten damit doch fast 500.000 Soldaten versorgt werden...
Im zweiten Teil der Serie geht es um verfügbare und nicht verfügbare Lebensmittel in der römischen Antike.
Noch mehr zu den Römern? Hier geht es zu unserer Serie über das antike Bauwesen!
Literatur:
Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike (DNP). Hrsg. von Hubert Cancik. Metzler, Stuttgart 1996–2010.