Wie kaum ein anderer Wissenschaftszweig hat die Medizin in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung erlebt und unsere Gesundheit, Lebenserwartung und Lebensqualität beeinflusst.
Doch wie stand es um die medizinische Versorgung der Bevölkerung im römischen Weltreich vor 2000 Jahren? Wie wurden Ärzte ausgebildet und welche Rolle spielten Frauen in der Ausübung der Medizin? Welche medikamentösen und operativen Behandlungen waren damals möglich? Gab es Schmerzmittel? Kam Caesar wirklich per Kaiserschnitt zur Welt? Wie revolutionierte Augustus die Versorgung von Kriegsverletzten lange vor der Gründung des Roten Kreuzes? Welche Art der medizinischen Versorgung erhielten Gladiatoren?


Die Medizin im römischen Imperium entwickelte sich vor allem aus dem Wissen der Griechen, basierend vor allem auf die Lehren des Hippokrates (5. Jhd. v. Chr.) In den Anfängen der römischen Republik lag die Verantwortung für die Durchführung einer Behandlung bei Verletzungen und Erkrankungen von Familienmitgliedern in den Händen des Familienoberhauptes, also eines medizinischen Laien. Es wurde Hausmedizin (medicina domestica) angewandt, also vor allem Hausmittel ohne wissenschaftlichen Hintergrund.
Etwa um die Zeit der Kriege gegen Karthago (3. Jhd. v. Chr.) ließen sich vereinzelt griechische Ärzte in Rom nieder und praktizierten zunächst mit bescheidenem Zuspruch seitens der Bevölkerung. Erst ca. 120 v. Chr. etablierte Asklepiades („Kneipp der Antike“) die wissenschaftliche Medizin in Rom und erzielte weitreichende Behandlungserfolge, so dass in der Folgezeit eine zunehmende Zahl von Arztpraxen (tabernae medicae) entstanden, die die Versorgung der Bevölkerung übernahmen. Lange handelte sich bei den Ärzten um v. a. griechisch-stämmige Freigelassene oder Sklaven. Erst im Laufe der Kaiserzeit ergriffen auch römische Bürger den Arztberuf, beispielsweise als Militärärzte bei den Legionen.
Der Arztberuf galt als Handwerkerberuf. Ergreifen und praktizieren konnte ihn theoretisch jedermann. Es gab keinen geregelten Ausbildungsplan oder gar Studium. Man ging als Schüler (discipulus) zu einem Arzt (medicus) in die Lehre und lernte dort mehrere Jahre.
Praktiziert wurde als Allgemeinmediziner, aber auch als Spezialist wie z.B. Augenarzt oder Zahnarzt in Arztpraxen (taberna medica). Die medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung erfolgte grundsätzlich in Arztpraxen, teilweise mit der Möglichkeit, Patienten auch über Nacht mehrere Tage zu behandeln, wie Funde aus Pompeji nahelegen. Die Sklaven der großen Landgüter wurden in Krankenstationen, den valetudinaria, medizinisch versorgt. Diese Einrichtungen dienten Kaiser Augustus als Vorbild für die Etablierung von Krankenhäusern (valetudinaria) in den Legionsstandorten und größeren Kastellen.
Eine Krankenversicherung existierte nicht. Bezahlt wurde in bar oder mit Naturalien. Für Soldaten war die medizinische Behandlung durch die gut ausgebildeten Militärärzte gratis. Im Laufe der Zeit beschäftigten Städte und Gemeinden auch Gemeindeärzte nach griechischem Vorbild, die sie bezahlten und die dann die Patienten meist der ärmeren Bevölkerungsschicht kostenfrei behandelten.
Die ärztliche Arbeit in den Arztpraxen hielt sich an den noch heute gültigen Ablauf mit Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), Untersuchung, Diagnosestellung mit Prognose und Therapieeinleitung, Fachbegriffe, die bereits auf Hippokrates zurückgehen. Behandelt wurde mit Kräutern, Harzen und ätherischen Ölen, deren Grundsubstanzen sich auch heutzutage noch häufig in Medikamenten finden. Die Versorgung von Verletzungen durch Kämpfe oder Arbeitsunfälle befand sich auf hohem Niveau. Verletzungen wurden operativ und nicht operativ behandelt, Knochenbrüche gerichtet und geschient. Dem Chirurgen standen eine Vielzahl an passenden Instrumenten für eine erstaunliche Vielzahl an Eingriffen zur Verfügung.
Die römische medica (Ärztin) Julia Saturnina geht mit den Besuchern ihrer taberna medica (Arztpraxis) diesen und vielen weiteren spannenden Themen der antiken Medizin nach.
Mit der Fachkenntnis als Ärztin im Leben des 21. Jhds erläutert sie das Berufsfeld der griechischen und römischen Kollegen, skizziert Spuren des alten Wissens, das sich bis in unsere heutige moderne Medizin bewahrt hat und stellt teilweise erstaunliche Parallelen zur Medizin unserer Zeit dar.
Zur Veranschaulichung dienen zahlreiche Replikate antiker chirurgischer Instrumente, Gegenstände aus den verschiedenen ärztlichen Fachrichtungen, Nachbildungen aus dem Bereich der alltäglichen Hygiene sowie medikamentös verwendete Kräuter, Öle und Harze, Schautafeln, Abbildungen und Schriftrollen.